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Die Pop-Ikonen des Angelo Frontoni: Posen einer Epoche

Eine Zeitreise durch Glamour, Pop und Kino: Das Museo Nazionale del Cinema in Turin zeigt mit „Pazza Idea“ die faszinierenden Fotografien von Angelo Frontoni.

Wir betreten die Mole Antonelliana, Wahrzeichen Turins und Heimat des Museo Nazionale del Cinema, dem vermutlich schönsten Filmmuseum der Welt. In der Aula del Tempio, dem Herzstück des Hauses, hängen riesige Leinwände in 18 Metern Höhe von der Kuppel hinab. Auf ihnen werden einige der ausgestellten Porträts projiziert und treten in Dialog mit Filmszenen aus dem europäischen Genrekino, die auf benachbarten Leinwänden laufen.

© Museo Nazionale del Cinema / CSC-Cineteca Nazionale
© Museo Nazionale del Cinema / CSC-Cineteca Nazionale

Entlang eines Helix-Parcours die eigentliche Ausstellung: 200 Fotografien von 62 nationalen und internationalen Schauspielerinnen und Schauspielern begleiten die Besucherinnen und Besucher auf einer Reise in Bildern, die von 1968 bis zum Ende der 1980er-Jahre reicht. Die Ausstellung widmet sich dem Werk des italienischen Fotografen Angelo Frontoni (1929–2002), dessen Kamera über drei Jahrzehnte hinweg das Bild der europäischen und internationalen Filmwelt prägte.

© Museo Nazionale del Cinema / CSC-Cineteca Nazionale
Jane Fonda mit dem Plexiglas-Mieder für „Barbarella” (1968, Regie: Roger Vadim). Foto von Angelo Frontoni © Museo Nazionale del Cinema / CSC-Cineteca Nazionale

Zu sehen sind Porträts jener Pop-Ikonen des Kinos, der Musik und der Mode, die den gesellschaftlichen Wandel jener Zeit verkörperten: Helga Andersen, Claudine Auger, Brigitte Bardot, Helmut Berger, Jane Birkin, Claudia Cardinale, Joan Collins, Senta Berger, Rossella Como, Nathalie Delon, Edwige Fenech, Jane Fonda, Annabella Incontrera, John Law, Marina Malfatti, Elsa Martinelli, Marisa Mell, Liza Minnelli, Luciana Paluzzi, Patty Pravo, Rosanna Schiaffino, Jean Sorel, Catherine Spaak, Ringo Starr, Fabio Testi, Raquel Welch sowie Alice und Ellen Kessler – um nur einige zu nennen.

Senta Berger, während der Dreharbeiten zum Film „Roma Bene - Liebe und Sex in Rom” (1971, Regie: Carlo Lizzani). Foto von Angelo Frontoni © Museo Nazionale del Cinema / CSC-Cineteca Nazionale
Senta Berger, während der Dreharbeiten zum Film „Roma Bene – Liebe und Sex in Rom” (1971, Regie: Carlo Lizzani). Foto von Angelo Frontoni © Museo Nazionale del Cinema / CSC-Cineteca Nazionale

Frontonis Laufbahn begann in den 1950er-Jahren in Rom – in einer Zeit, in der das italienische Kino, mit Cinecittà als pulsierendem Zentrum, eine neue Blüte erlebte. Er begleitete die „Dolce Vita“-Ära aus nächster Nähe, war Zeuge und Chronist der mondänen Nächte an der Via Veneto, des Aufkommens einer neuen Generation von Stars und später auch des Übergangs vom klassischen Hollywood-Glamour zu einer freieren, erotischeren Bildsprache der 1970er-Jahre.

Marisa Mell in ihrer Rolle als Nachtclub-Tänzerin in „Nackt über Leichen” (1969, Regie: Lucio Fulci). Foto: Angelo Frontoni © Museo Nazionale del Cinema / CSC-Cineteca Nazionale
Marisa Mell als Nachtclub-Tänzerin in „Nackt über Leichen” (1969, Regie: Lucio Fulci). Foto: Angelo Frontoni © Museo Nazionale del Cinema / CSC-Cineteca Nazionale

Seine „Pop-Ikonen“ inszenierte er an den unterschiedlichsten Orten – an Stränden, vor Bergidyllen, in Filmmetropolen und vor deren Monumenten. Mit vielen Stars arbeitete er über Jahre hinweg zusammen. Er glaubte zeitlebens an die Macht der Fotografie, „den Augenblick in Ewigkeit zu verwandeln“. Damit gehört er zu jenen Künstlern, deren Werk weit über das einzelne Bild hinausweist, als Spiegel einer ganzen cineastischen Epoche.

Elsa Martinelli, aufgenommen während der Dreharbeiten zum Film „Candy” (1968, Regie: Christian Marquand). Foto: Angelo Frontoni © Museo Nazionale del Cinema / CSC-Cineteca Nazionale

Das Archiv Angelo Frontoni, das mehr als 546.000 Bilder umfasst, wurde 2004 vom Museo Nazionale del Cinema in Turin und der Cineteca Nazionale in Rom erworben. „Die Neubetrachtung seiner Fotografien nach einem halben Jahrhundert“, findet Carlo Chatrian, Direktor des Museo Nazionale del Cinema, „ruft ein zweischneidiges Gefühl hervor: einerseits Nostalgie, weil die Atmosphäre dieser Bilder – irgendwo zwischen provokativ und transgressiv – heute kaum mehr denkbar ist. Andererseits wirken sie wie ein Gegengift gegen die schleichende Normalisierung der subversiven Kraft von Bildern, die wir gegenwärtig erleben.“

© Museo Nazionale del Cinema / CSC-Cineteca Nazionale
© Museo Nazionale del Cinema / CSC-Cineteca Nazionale

Die Ausstellung trägt den Titel „Pazza Idea. Oltre il ’68 – Ikonen des Pop in den Fotografien von Angelo Frontoni“ und ist im Museo Nazionale del Cinema in der Mole Antonelliana in Turin zu sehen. Sie wurde von Carlo Chatrian gemeinsam mit Roberta Basano und Elena Boux kuratiert und ist noch bis zum 9. März 2026 zu erleben. Unbedingt zu empfehlen ist im Übrigen auch die Dauerausstellung des Museums – eine ebenso beeindruckend gestaltete Reise durch die Geschichte des Films.

Foto: Michele D’Ottavio © Museo Nazionale del Cinema

Passende Filmtipps: Pop-Art-Extravaganza!

Gefahr: Diabolik (1968) von Mario Bava

Barbarella (1968) von Roger Vadim

Nackt ĂĽber Leichen (1969) von Lucio Fulci

Milano Kaliber 9 (1972) von Fernando di Leo