Zuckerbrot und Peitsche

BRD 1968 • Regie: Marran Gosov • Drehbuch: Marran Gosov, Vít Olmer • Kamera: Werner Kurz • Schnitt: Gisela Haller • Musik: Hans Posegga • Produktion: Rob Houwer Film • Verleih: Constantin-Film

Zuckerbrot und Peitsche (Blu-ray-Edition)
© Subkultur Entertaiment

Besetzung

  • Roger Fritz als Roger Klaus
  • Helga Anders als Helga Arnold
  • Harald Leipnitz als Robert Arnold

Inhaltsangabe

Roger ist ein attraktives männliches Werbemodell, das sich den Lebensstil, den es bewirbt, selbst nicht leisten kann. Um das zu ändern, verübt er Raubüberfälle mit tödlichen Konsequenzen für jeden, der sich ihm in den Weg stellt. Beim Überfall auf ein Juweliergeschäft trifft er Helga, die in einer langweiligen Ehe gefangen ist und sich zu ihm hingezogen fühlt. Helgas Mann, ein wohlhabender Galerist, schöpft Verdacht.

Filmbesprechung

In den 1960er-Jahren brachte das westdeutsche Kino eine beachtliche Zahl an Kriminalfilmen hervor, Gangsterballaden waren jedoch selten. Zwar hatte bereits Lokalkrimi-Ass Jürgen Roland mit „Vier Schlüssel” (1965) die Perspektive gewechselt und anstelle einer Ermittlung den Coup einer Gangstergruppe protokolliert, doch ein melancholisches Kriminaldrama mit lockeren Anleihen beim Welterfolg „Bonnie und Clyde” (1967) ist sicherlich noch viel weniger typischer Vertreter jener Zeit.

In „Zuckerbrot und Peitsche” treffen am Handlungsort München – wie im Fernsehkrimi dann noch so oft – Schickeria und Verbrechen aufeinander. Die junge Helga lebt im besten Viertel der Stadt im goldenen Käfig ihres schwerreichen Gatten und fühlt sich zu einem Outlaw hingezogen, der ohne Zögern von der Schusswaffe Gebrauch macht. Sozialrealistische Beobachtungen sind mit Crime-Elementen und verspielten Bild- und Tonideen stark konterkariert. Statt einem „Prosit der Gemütlichkeit” schlägt einem zusammengenommen eine verträumt-befremdliche Filmatmosphäre entgegen.

Spannend gerät der Mittelteil des Films: Als Helgas Mann von der Anbandlung erfährt, deutet sich ein psychologisches Dreiecksduell an. Diese Anlage schöpft der Film leider bis zum Finale nicht entschlossen genug aus. Zumindest in dieser Phase hätte eine stärkere Zuspitzung mit Mitteln des Thrillerkinos dem Film gutgetan, wie es etwa Wolfgang Petersen in seinem Kinodebüt „Einer von uns beiden” (1974) gelang. Mit Roger Fritz, Helga Anders und Harald Leipnitz hat man indes ein ideales Trio für die Hauptfiguren gefunden.

Insgesamt ein Kleinod der sogenannten „Neuen Münchner Gruppe“, einem lockeren Zusammenschluss junger Filmemacher, die sich bewusst vom damals dominierenden Kino absetzten. Gosov, gebürtiger Bulgare, gehörte neben Herbert Achternbusch und Klaus Lemke zu jenen Regisseuren, die dem deutschen Film aus dem Umfeld der Münchner Bohème eine neue Stimme verliehen.

Das Label „Subkultur Entertainment“ hat dem fast vollständig in Vergessenheit geratenen Film im Dezember 2025 erstmals seit der Kinoauswertung durch eine Blu-ray-Veröffentlichung neuen Glanz verliehen: Der Film ist der 21. Teil der stets durch hervorragende Qualität bestechenden Reihe „Edition Deutsche Vita“ (limitiertes Mediabook mit Original-Kinotrailer und 24-seitigem Booklet).

Fazit: Melancholischer AuĂźenseiter mit starken Darstellern (4/5)